Weltcup-Finale 2021: Das Märchen von Székesfehérvár nimmt seinen Lauf
Beim Weltcup-Finale im ungarischen Székesfehérvár konnte das deutsche Team mit zweimal Edelmetall, einem vierten Platz und zwei weiteren Top 15 Platzierungen ein großes Ausrufezeichen in Richtung Olympia setzen. Annika Schleu sicherte sich mit einer spannungsgeladenen Aufholjagd Silber im Einzel und setzte gemeinsam mit Christan Zillekens zum Abschluss noch einen oben drauf – Gold in der Mixed-Staffel. Fabian Liebig konnte sich gegen die starke Männerkonkurrenz als Vierter und damit bester Deutscher behaupten. Marvin und Patrick Dogue landeten auf den Plätzen zehn und 13, Janine Kohlmann und Rebecca Langrehr auf 29 und 31.
Kurz vor dem Saisonhighlight, den Olympischen Spielen in Tokio (23. Juli bis 8. August 2021), präsentiert sich das deutsche Fünfkampflager in sehr starker Verfassung. Nach den vielen Hürden des vergangenen Jahres, von eingeschränkter Trainings- und fehlender Wettkampfpraxis bis hin zu Corona-Infektionen, scheinen die Athlet*innen genau zum richtigen Zeitpunkt zur Höchstform aufzulaufen und sichern sich in den entscheidenden Wettkämpfen wichtige Punkte. Vor allem im Laser-Run konnten sie bereits mehrere Male in dieser Saison ihre Kondition und Nervenstärke unter Beweis stellen. So auch beim diesjährigen Weltcup-Finale.
Alle 72 Athlet*innen starteten am 13. Mai mit der Platzierungsrunde im Fechten in das Weltcup-Finale. Annika Schleu kämpfte sich mit 18 Siegen und einem vorläufigen 17. Platz ganz gut in den Wettbewerb, in dem neben einem sehr hohen Fechtniveau auch jede Menge Anspannung zu spüren war. So auch bei Janine Kohlmann und Rebecca Langrehr, die sich mit 15 und 13 Siegen zunächst auf den Plätzen 24 und 27 einreihten. Bei den Männern zeigte sich ein ähnliches Bild. Marvin Dogue fand sich mit 19 Siegen auf Rang 18, Fabian Liebig und Patrick Dogue mit 16 und 15 Siegen auf den Plätzen 23 und 24 wieder.
Silber für Annika Schleu nach beeindruckender Aufholjagd
Der finale Wettkampftag startete für alle drei deutschen Damen mit einem soliden Schwimmen. Für das erste Highlight des Tages sorgte Rebecca Langrehr, die mit satten 13 Siegen in der Bonusrunde Fechten einen neuen Weltrekord aufstellte und damit ihre Fechtleistung vom Vortag sowie ihre Platzierung wieder etwas aufbessern konnte. Mit zwei Abwürfen beim anschließenden Reiten konnte sie den kurzen Aufwärtstrend jedoch nicht für ein Comeback nutzen und schaffte es am Ende eines sehr durchwachsenen Wettkampfes nicht über Platz 31 hinaus.
Auch Janine Kohlmann blieb mit Platz 29 hinter ihren Erwartungen zurück. „Ich merke, dass ich leider noch weit von meiner Topform entfernt bin! Enttäuscht bin ich vor allem vom Fechten, auch im Laser-Run muss ich mich bis zur WM noch deutlich steigern. Mit Schwimmen und Reiten war ich zufrieden.“, so die Potsdamerin nach dem Wettkampf.
Annika Schleu verschaffte sich hingegen mit einem fehlerfreien Ritt eine Position unter den Top 15, von der aus sie in ihrer Parade-Disziplin, dem Laser-Run, noch einmal angreifen konnte. Und so startete die 31-jährige Berlinerin in einem an Spannung kaum zu übertreffenden Laser-Run eine beeindruckende Aufholjagd von Platz 14, holte 54 Sekunden Rückstand auf die Spitze auf und sicherte sich am Ende Platz zwei vor der starken Ungarin Michelle Gulyas und hinter Kate French aus Großbritannien.
Chefbundestrainerin Kim Raisner zeigte sich nach dem Wettkampf sichtlich zufrieden: „Das Weltcup-Finale war ein voller Erfolg. Annika Schleu kommt wieder in Höchstform, der 2. Platz in Székesfehérvár zeigt, wozu sie nach ihrer Corona-Erkrankung wieder fähig ist, was sie jetzt schon wieder leisten kann. Mit der Leistung hat sie sich in der Olympiarangliste klar als beste Deutsche positioniert (Anmerkung: Platz 4 im UIPM Olympic Games Ranking) und ist kaum noch einzuholen. Der Startplatz für die Olympischen Spiele in Tokio kann ihr kaum noch genommen werden. Janine Kohlmann und Rebecca Langrehr kämpfen um den zweiten Startplatz. Hier wird die Weltmeisterschaft (WM) entscheidend sein und Janine muss noch einmal eine gute Leistung zeigen, um mit nach Japan fahren zu können. Rebecca kann nur durch eine Top-Leistung bei der WM einen Startplatz für Tokio holen.“
Fabian Liebig „fliegt“ von Platz 24 auf 4.
Am anschließenden Männer-Finaltag erwischte Fabian Liebig mit persönlicher Saisonbestleitung im Schwimmen einen sehr guten Start, konnte in der Bonusrunde Fechten jedoch keine Extra-Punkte erkämpfen. Hier sicherte sich Patrick Dogue, der ebenfalls mit einer guten Schwimmleistung gestartet war, vier zusätzliche Punkte. Im anschließenden Reiten überzeugte er, ebenso wie Bruder Marvin, mit einem fehlerfreien Ritt und nur einem Zeitfehler, sprich einem Punkt Abzug von der Maximalpunktzahl. Liebig verlor durch einen Abwurf sowie ebenfalls einen Zeitfehler einige Punkte, die ihm für den abschließenden Laser-Run einen Rückstand von 51 Sekunden auf die Spitze bescherten. In aussichtsreichster Position aus deutscher Sicht startete Marvin Dogue als 14. mit nur 32 Sekunden Rückstand auf den führenden Briten Thomas Toolis. Patrick Dogue und Fabian Liebig folgten an 23. und 24. Position. Liebig startete, wie er nach dem Wettkampf erzählt, mit dem ambitionierten Ziel, von Position 24 noch in die Top 10 zu laufen. Und so arbeitete sich der 25-Jährige mit einer ähnlich spektakulären Aufholjagd, wie Annika Schleu am Vortag, um ganze 20 Plätze nach vorn und landete am Ende als bester Deutscher auf Platz vier. „Ich habe richtig gut geschossen, bin echt gut gelaufen und konnte gegen die starke Konkurrenz auf Platz vier laufen! Ich habe alles gegeben! Ich freue mich auf die WM in drei Wochen und bin sehr gespannt, was da möglich ist.“, so Liebig.
Der Franzose Valentin Prades gewinnt vor Thomas Toolis aus Großbritannien und dem Chinesen Shuai Luo. Marvin Dogue wird 10. und zeigt sich nach dem Wettkampf zufrieden: „Bisher kann ich in der Saison eine sehr konstante Leistung abrufen. Leider gab es noch keinen Wettkampf, bei dem ich mal überperformen konnte. Aber: Was noch nicht ist, kann ja noch werden.“ Patrick Dogue verbessert sich noch auf Rang 13, bleibt aber hinter seinen Erwartungen: „Ich bin nicht so gut in den Wettkampf gestartet. Das Fechten lief nicht, im Schwimmen und im Reiten konnte ich allerdings eine sehr gute Leistung abrufen. Mit einem leider unterdurchschnittlichen Schießen konnte ich im Laser-Run noch 10 Plätze aufholen und landete auf Platz 13.“
Chefbundestrainerin Kim Raisner freut sich über die guten Leistungen ihrer drei Schützlinge: „Bei den Männern haben alle drei gezeigt, dass sie fest zur Weltspitze gehören und wenn sie in allen fünf Disziplinen stetig sind, können auch alle auf dem Podium landen. Fabian Liebig hat durch einen exorbitanten Laser-Run die interne Reihenfolge umgekehrt. Hier haben noch alle vier (Anmerkung: Fabian Liebig, Marvin Dogue, Patrick Dogue und Christian Zillekens) die Chance, sich den Startplatz für Tokio zu holen. Das Abschneiden bei der WM in Kairo wird ausschlaggebend sein.“
Christian Zillekens und Annika Schleu gewinnen die Mixed-Staffel.
Zum Abschluss folgte am Sonntag die Mixed-Staffel, in der Annika Schleu und Christian Zillekens an den Start gingen. Für Zillekens, der an Ort und Stelle beim 3. Weltcup 2019 mit dem ersten Weltcupsieg eines deutschen Athleten seit über 10 Jahren ein kleines Fünfkampf-Märchen erlebte, ein besonderer Moment. Beide zeigten solide Leistungen im Schwimmen und Fechten, leisteten sich wenig Fehler im Reiten und lagen vor dem Laser-Run an fünfter Position mit einem Abstand von 37 Sekunden auf die bis dato führende Staffel aus Weißrussland. Nach erneut sehr souveräner Lauf- und Schießleistung schickte Schleu Partner Zillekens an Position zwei auf die Strecke, der sich bis kurz vor dem Ziel ein spannendes Duell mit Ilya Palazkov um Gold lieferte und diesen letztlich mit vier Sekunden Vorsprung für sich entscheiden konnte. Das Märchen von Székesfehérvár eben.
Große Freude über den ersten gemeinsamen Staffel-Erfolg bei Schleu und Zillekens: „Wir sind natürlich mega happy mit dem Ergebnis. Besonders mit dem Reiten und dem Laser-Run sind wir super zufrieden. Am Anfang des Tages haben wir uns durch Schwimmen und Fechten im Mittelfeld gehalten. Das Reiten hat uns wieder richtig in Schlagdistanz gebracht und im Laser-Run geht es für das deutsche Team meist nur noch in eine Richtung. Da bei einer Mixed-Staffel aber immer alles passieren kann und so viele starke Teams am Start stehen, sind wir unglaublich glücklich, am Ende mit der Goldmedaille nach Hause fahren zu können.“
Kim Raisner: „Die Goldmedaille von Annika und Christian in der Mixed-Staffel zum Abschluss des Weltcup-Finales in einem unglaublich spannenden Wettkampf zeugt von großer Klasse und unterstreicht die Stärke unseres Teams. Székesfehérvár ist ein gutes Pflaster für uns. Hier waren die guten Leistungen im Parcours und vor allem unsere Stärke im Laser-Run ausschlaggebend. Für unseren Verband insgesamt ein sehr erfolgreicher Abschluss!“
Ergebnisse
Frauen: 1. Kate French (GBR) 1384 Punkte; 2. Annika Schleu (TSV Spandau 1860) 1378 Punkte; 3. Michelle Gulyas (HUN) 1376 Punkte; 4. Mayan Oliver (MEX) 1375 Punkte; Natalya Coyle (IRL) 1373 Punkte … 29. Janine Kohlmann (OSC Potsdam) 1293 Punkte … 31. Rebecca Langrehr (TSV Spandau 1860) 1288 Punkte
Männer: 1. Valentin Prades (FRA) 1479 Punkte; 2. Thomas Toolis (GBR) 1475 Punkte; 3. Shuai Luo (CHN) 1471 Punkte; 4. Fabian Liebig (OSC Potsdam) 1468 Punkte; 5. Valentin Belaud (FRA) 1467 Punkte; 10. Marvin Dogue (OSC Potsdam) 1460 Punkte … 13. Patrick Dogue (OSC Potsdam) 1440 Punkte
Mixed-Staffel: 1. Annika Schleu und Christian Zillekens (OSC Potsdam) 1447 Punkte; Volha Silkina und Ilya Palazkov (BLR) 1443 Punkte; 3. Sophia Hernandez und Charles Fernandez (GUA) 1437 Punkte; Gulnaz Gubaydullina und Alexander Lifanov (RUS) 1435 Punkte; Alice Rinaudo und Valerio Grasselli (ITA) 1433 Punkte
Alle Streams können im Re-Live unter www.uipmtv.org/en-int/page/pentathlon-world-cup-final?fbclid=IwAR2W2dJjTA-GOPXGBxWXZjPfmCUUAXWS2eC9-fArhWGlBphDooGmZU2-4M0 aufgerufen werden.
Olympic Games Ranking:
Frauen: www.uipmworld.org/world-ranking/modern-pentathlon/women-senior-olympic-games-ranking-21
Männer: www.uipmworld.org/world-ranking/modern-pentathlon/men-senior-olympic-games-ranking-18
Beitragsbild: UIPM\Virág Buza